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Springer verkauft seine Seele

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Wenn die Mitarbeiter von Springer und WAZ/Funke ihr schönstes Ferienerlebnis zu Papier bringen sollten – der heute angekündigte Deal gehört vermutlich nicht dazu. Mitten in der Urlaubszeit kracht eine Ankündigung, die den deutschen Pressemarkt ziemlich umpflügt.

Springer zieht sich ins Nationale und Digitale zurück. Das hatte sich schon länger angekündigt. Überraschend ist dabei, dass auch bislang als sakrosankt geltende Traditionsmarken wie das “Hamburger Abendblatt” oder die “Hörzu” dran glauben müssen und auch die Heilige Kuh namens “Bild” etwas abgibt – nämlich die erfolgreiche “Bild der Frau”. Damit baut Springer-Chef Mathias Döpfner den Konzern entscheidender um, als alle betont nerdigen Silicon-Valley-Clips der letzten Monate ahnen ließen.

Das größere Risiko liegt allerdings bei der WAZ: Sie wächst noch einmal kräftig in den alten Medien, ohne eine überzeugende Digitalstrategie zu haben. Der Konzern hat sich in den letzten Jahren von Sparrunde zu Sparrunde gehangelt und flächendeckend Vielfalt und Journalismus abgebaut. Die Auflagenkurven der WAZ-Titel zeigen weiter nach unten. Nun muss noch mal knapp eine Milliarde Euro gestemmt werden, um den Kauf der Springer-Titel zu finanzieren. Nur große Einheiten hätten im Medienmarkt noch Zukunft, heißt es zur Begründung des Deals.

Es wirkt eher so,  als habe hier ein Medienhaus das Maß verloren und wachse um jeden Preis und in Bereichen, die sogar der Branchenprimus Springer langfristig schon abgeschrieben hat.

Doch auch für Springer ist der Schritt nicht ohne Risiko. Bislang hat der Konzern, der sich für seine digitalen Erfolge lobt, es nämlich auch noch nicht geschafft, mit journalistischen Angeboten digital zu punkten. Und ob die eben erst eingeführte digitale Bezahlpflicht für “Bild” und “Welt” zu ändern vermag, ist aktuell noch völlig offen. Geht Döpfners Print-Befreiungsschlag schief, könnte aus dem größten Zeitungshaus Europas ein Gemischtwarenladen aus Preisvergleichsportalen und Internet-Jobbörsen werden.

Springer setzt zudem jetzt komplett auf den nationalen Markt. Sollte die nächste digitale Revolution aber tatsächlich, wie manche Experten meinen, im Lokalen oder sublokalen Bereich stattfinden, stünde der Konzern, Berlinerisch gesprochen, in den Erbsen.


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